Es ist nicht alles Gold, was glänzt...

Warum ist Redefreiheit das Ende der Meinungsfreiheit?

Neuerdings wird lautstark politisch „Redefreiheit“ gefordert und damit ist gemeint, dass man alles sagen darf, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hat.

Das hört sich erst mal gut an, eben nach Freiheit, die wir ja eigentlich alle ersehnen.

Dennoch was bedeutet Redefreiheit wirklich?  Macht sie Menschen frei und glücklich in Beziehungen, in Familien, in Organisationen, in Staaten?

Wenn ich alles sagen darf, dann könnte man meinen, sind nicht nur die Gedanken, sondern dann sind endlich auch die Worte richtig frei.

So frei, dass ich auch verletzende, abwertende und grenzüberschreitende Formen der Kommunikation nutzen kann, ohne dass mein Gegenüber ein Recht hätte, diese Grenzüberschreitung anzuklagen.

Ich könnte dann nicht nur privat, vielleicht mal impulsiv, sondern auch im Supermarkt oder auf der politischen Bühne ohne Scheu sagen:

„Du bist bescheuert. Du bist ein Arschloch. Du bist minderwertig. Du verdienst den Tod!  Macht diese Menschen fertig. Lasst sie leiden. Die haben kein Recht auf Leben.“ Usw.

Und niemand könnte mich stoppen bzw. hätte das Recht oder die Chance, darauf zu bestehen, dass ich gewaltfrei kommuniziere und Menschenrechte beachte.  

Ist das Freiheit oder bedeutet das nicht eher, dass wir alle anfangen uns davor zu fürchten, wer als Nächstes diese gewaltvollen Worte in echte Taten umsetzt? 

Ist das Freiheit, wenn Menschen anfangen zu fürchten, dass z.B. verletzter Stolz des Nachbarn sie tatsächlich in echte Gefahr bringen kann?

Aus der Paarberatung und Teamsupervision weiss ich auch jahrelanger Erfahrung, dass das Miteinander zerstört wird, wenn gewaltvolle Kommunikation als „Redefreiheit“ bewusst oder unbewusst etabliert ist.

Es gibt meiner langjährigen Berufserfahrung nach keinerlei konstruktive Gruppenprozesse solange alle Mitglieder einer Gruppe auf „Regellosigkeit = Redefreiheit“ bestehen.

Ein Miteinander und Meinungsfreiheit kann erst entstehen, ob in einer Partnerschaft oder in einem Staat, wenn sich die Mitglieder einer Gruppe auf bestimmte konstruktive Regeln oder besser Werte einigen können, z.B. eben Kommunikation muss gewaltfrei sein. Deshalb haben wir ja z.B. als Land eine Verfassung. In der übrigens (noch) steht, dass die Würde des Menschen nicht zu verletzen sei.

Sprache bestimmt das Denken und letztendlich schafft sie Realitäten!

Sprache besteht übrigens nicht aus Worten allein, sondern wird erst durch die Verbindung von Worten und Absichten/Überzeugungen für uns verständlich!

Über Sprache an sich wird hier philosophiert:

Und ein weiterer wichtiger Punkt, Sprache ist nur für das gegenseitige Verstehen wichtig, sondern Sprache selbst erschafft im zwischenmenschlichen Realitäten!

„Sprache formt Denken und soziale Wirklichkeit. Sie lässt soziale Welt entstehen und erzeugt Vorstellungswelten beim Gegenüber. Auch prägt die Sprache die Wirklichkeitswahrnehmung. Wie macht Sprache das? Der Basisartikel liefert einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion.“ 

Hier kannst Du den Artikel dazu lesen:
https://www.friedrich-verlag.de/friedrich-plus/sekundarstufe/deutsch/sprachgebrauch/sprache-denken-wirklichkeit-729?utm_source=google&utm_medium=cpc&utm_campaign=Performance%20Max%20|%20Ziel:%20Leads%20(Test)&gad_source=2&gclid=EAIaIQobChMI-_yX69CViwMVh5eDBx2CdjK5EAEYBCAAEgKlJfD_BwE

Vera Birkenbihl hat das mal ganz allgemein,aber schön kurz und knackig so formuliert:

Es gibt eine Art zu sprechen, die Gewalt erzeugt und eine Art zu sprechen, die Verbindung schafft

Damit Menschen miteinander auskommen und noch besser sogar glücklich miteinander werden, braucht es nicht viel: eine wichtige Beziehungs-Glücks-Zutat, die ich in meinen Beratungen und im Onlinekurs immer wieder lehre, ist die:

Lerne persönlich zu sprechen.

Lerne die wenigen Vokabeln der persönlichen Sprache,
die Dir erlauben, dass Du alles über Dich selbst sagen kannst

Lerne, wie Du für Dich sorgen kannst, ohne andere anzuklagen / abzuwerten.

Erlebe die Freiheit, dass Du alle Deine Gedanken, Bedürfnisse und
Gefühle sein dürfen und Du sie frei äußern kannst.

Klingt doch wie Redefreiheit, was ist also genau der Unterschied? 

Der Unterschied ist fein & klein, aber wichtig. Der Unterschied ist, dass  Du alles frei äußern kannst, was Du über Dich selbst sagst.

Ein Beispiel:

„Du bist dumm“ – Das ist keine Aussage über Dich selbst, sondern über den Anderen.
Die Alternative wäre etwas über Dich zu sagen, z.B. „Ich bin gerade genervt, weil Du mich scheinbar nicht verstehst.“ 

Mehr Beziehungs-Qualität im Alltag

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Wie lerne ich persönliche Sprache, so dass persönliche Grenzen respektiert werden und dadurch automatisch die Würde des Menschen gewahrt ist?

Was persönliche Sprache ausmacht und wie sie wirkt, hat Jesper Juul in seinen vielen Büchern immer wieder erläutert.

Die gute Nachricht: Persönliche Sprache ist überhaupt nicht kompliziert, Du musst nichts lernen oder tief nachdenken.

Allerdings: Persönliche Sprache ist für viele Menschen ungewohnt. Ich habe es bei mir selbst und anderen oft erlebt, daß, wenn wir wirklich etwas persönliches über uns selbst aussagen, anfangs oft die Tränen kommen. 

Das liegt daran, dass wir als Kinder früher oder später aktiv daran gehindert worden sind, zu zeigen, was wir wirklich denken und fühlen. Und so schmerzt es beim ersten Mal „freies Aussprechen“, gerade weil es so schön ist, ganz so sein zu dürfen, wie wir gerade sind.

Hier redet meine Kollegin Mona Kino über persönliche Sprache in der Familie, denn es fängt ja immer im Kleinen an…

Führungspersönlichkeiten sollten ein verletzungsfreien sozialen Raum erschaffen können, damit ein Miteinander statt ein Gegeneinander entstehen kann

Wer Führung übernimmt, ob als Lehrkraft von Schüler*innen oder Chef*in oder Staatsmensch, schafft im Idealfall einen sozialen Raum, der Schutz vor Verletzung bietet. 

Manche erschaffen dafür einen äußeren Feind (die Juden, die Ausländer usw.), so dass das Gefühl für die Mitglieder der Gruppe entsteht, sie seien auf der richtigen Seite und damit geschützt. Auch Mobbing funktioniert so, dass die Täter*innen sich „richtig“ und „geschützt“ fühlen, solange sie der/dem Anführer*in gehorchen und nicht in Ungnade fallen.

Diese Art der angstbasierten Führung erzeugt aber nur den Schein von Schutz, denn die Gefahr, selbst in Ungnade zu fallen ist groß und Angst ist daher auf allen Seiten allgegenwärtig.

Führung muss nicht solcher Art sein, im Gegenteil. Wer respektvoll führt ohne aüßeres Feinbild kann viel nachhaltiger für inneren Frieden und Sicherheit sorgen. Die Idee der Menschenrechte und das Leben von persönlichen Grenzen führt zu einem tieferen Gefühl von Annahme, sosein dürfen und Würde, die mit einem angstbasierten Führungstil nicht erreicht werden kann.

In unserem pferdegestützten Praxisworkshop „Respektvoll Führen“ lernst Du konkret umszusetzen, wie Du auf Angst verzichtest und sichere soziale Räume in Beziehungen aufbaust. 

Persönliche Sprache bietet echte Daseins-Freiheit

Die persönliche Sprache bietet Dir wahre Freiheit Du selbst zu sein.
Und das ist etwas, wonach sich alle Menschen auf dieser Erde sehnen. 

Ich bewege mich heute in vielen Gruppen, in denen wir uns echt und ehrlich zeigen und über uns selbst sprechen – wer einmal von dieser köstlichen Gruppenatmosphäre gekostet hat, wlll nie wieder zurück in Gruppen, in denen Angst vor Verletzung herrscht!

Der Preis ist, daß wir akzeptieren, dass wir NUR über uns selbst alles sgen dürfen, aber nicht über Andere. Wenn Du es ausprobierst, wirst Du feststellen, dass der Preis lässig ist, denn mit der persönlichen Sprache entsteht persönliche Freiheit und das ist alles, was Menschen in Gemeinschaften brauchen. 

Redefreiheit, wie es als derzeitiges politisches Instrument genutzt wird, nämlich ungehindert Hetze zu äußern und zu verbreiten ist meiner Meinung nach mit dem deutschen Grundgesetz gar nicht vereinbar.  Denn diese Art von Sprache verletzt systematisch und mit Absicht die Würde bzw. die persönlichen Grenzen eines anderen Menschen oder einer Menschengruppe.

Es fehlt also nichts, es mangelt an nichts, wenn wir auf „Redefreiheit“ dankend verzichten und ein viel gesünderes Modell von Gemeinschaft mit „persönlicher Freiheit und persönlichen Grenzen“ leben. Nur das ermöglicht es grossen Gruppen von Menschen und Staaten Unterschiedlichkeit auf der Basis von Grundwerten/Menschenrechten friedlich auszuleben.r

Demokratie muss sich in einer digitalen Welt neu erfinden

Wir machen zur Zeit weltweit eine sehr erschreckende Beobachtung:

Je mehr Zeit wir auf als Gesellschaft auf Social Media verbringen, desto mehr misslingt reale Kommunikation zwischen Menschen!

Das ist ein Paradox: Obwohl wir so viel Information wie noch nie sammeln können, sind wir immer überforderter gute Information zu finden und darüber uns von Mensch zu Mensch auszutauschen, wie reale Probleme anzugehen wären. 

In seinem Buch „Nexus“ erklärt Yuval Noah Harari, wie Massengesellschaften funktionieren, welche Rolle darin Bürokratie spielt und was Demokratie und was Diktatur ausmacht.  

Am Ende des Interviews fragt der Moderator: Was könnte uns Hoffnung machen? Und Hararis Antwort lautet: Wenn wir die Energie, die wir in die Entwicklung von KI und AI stecken ebenso in unsere „innere Entwicklung“ als Menschen stecken, dann könnten wir eine wunderbare Zukunft mit toller Technologie haben.

Die Bewegung „Inner development goals“ versucht das, was innere Entwicklung beim Menschen ausmacht anstatt alleiniger Fixierung auf äußere technische Errungenschaften zu benennen. Ich würde sehr dafür plädieren, dass die „inner development goals“ ganz oben auf dem neuen Schul-Lehrplan der Demokratie 2.0 stehen!

Wie es Mandy Singer-Brodowski  in dem Podcast von Pioneers of Education gut auf den Punkt bringt (Link findest Du unten), müssen wir uns von der alten Idee der instrumentellen Umweltbildung lösen und neben Faktenwissen folgende überfachliche Kompetenzen stärken:

1. Selbstwirksamkeit stärken

2. Mitgestaltungsprozesse erfahrbar machen

3. Ideen und Utopien für die Zukunft entwickeln können

4.  Raum für Dystopien und persönliche Angst

5. Antizipatorische Kompetenz üben (Wie wirkt sich xy auf die Zukunft aus?)

Denn Bildung ist nicht für konkrete Verhaltensänderungen zuständig, die werden über politische Rahmenbedingungen intiiert. Bildung hat in einer Demokratie die Aufgabe, Mündigkeit zu ermöglichen. Dies haben wir zwar überall auf dem Papier stehen, aber in der Realität lässt ein rein wissensüberfrachteter Lehrplan und die Abhängigkeit von Noten in keinerlei Weise zu, dass Schüler und Schülerinnen wirklich Zeit und Raum für die Ausbildung der oben genannten Kompetenzen haben. 

Wie das heute schon realisiert werden könnte, dafür steht z.B. 

– Schule im Aufbruch – https://schule-im-aufbruch.de/ mit ihrer Aktion Frei-Day

Der FREI DAY zeigt, wie man ein Schulsystem, in dem vieles nicht erlaubt, aber vieles auch nicht verboten ist, verwandeln kann. Die Idee ist verblüffend einfach: Wenn man Schülerinnen und Schülern  ein wenig Zeit und Raum gibt um herauszufinden wer sie sind, wer sie sein wollen, und was sie wirklich gut können, dann lernen sie schneller als im Klassenzimmer sich und die Welt nachhaltig zu verändern.“
Andreas Schleicher, OECD Director for the Directorate of Education and Skills

Politische Schritte, Meinungsfreiheit zu sichern

Die Demokratie krankt zur Zeit an einigem und muss sich dringend neu erfinden, um zu überleben. Für Zukunftsfähigkeit fehlt es an z.B.

1. Mangelnder Transparenz nach oben

2. politischer Redekultur anstatt verbaler Machtkämpfe

3. Mitgestaltungsmöglichkeiten für alle auf lokaler Ebene / Gemeindeebene

4. eine alternativen Parteikultur, die echte Führungskräfte fördert anstatt Marionetten oder Machthungrigen den Weg zu Spitzenämtern zu ermöglichen

Im Bereich Kommunikation oder „wie wir miteinander reden“ braucht es in einer Demokratie guten Zugang zu Fakten (Transparenz) und konstruktiven Austausch über Lösungsmöglichkeiten, da in einer Demokratie die Lösung immer ein Aushandlungsprozess von vielen Interessengemeinschaften ist und nicht der Weg des einen weisen Führers/Diktators, der die Wahrheit allein findet und ernennt.

Wenn wir uns in politischen Debatten nicht mehr auf gemeinsame Fakten beziehen können, weil jede Gruppe in ihrer eigenen Filterblase nur die eigenen Lügen-News sieht, dann ist keine gemeinsame Lösungsfindung mehr möglich! 
Wenn überhaupt nicht mehr klar ist, was wahr und echt ist und was gefälschte Aussage – dann erübrigen sich demokratische Debatten über Prioritäten und Kompromisse.

Es klingt wiedersprüchlich, aber nur wenn die Social Media Plattformen wirtschaftlich denkender Konzerne wie alle anderen Firmen auch staatlich reguliert werden, können sie dazu taugen, echte Information auszutauschen. Eine sehr notwendige Regulierung wäre das z.B. das Bestrafen und Verfolgen von Identitäten, die sich als Menschen ausgeben, aber eigentlich Bots sind. Wir würden ja auch jeden bestrafen, der Falschgeld in Umlauf bringt (denn das ist eine Gefahr für das echte Geld) – warum werden also falsche Identitäten, die sich als Menschen ausgeben, nicht ebenso behandelt?

„Im digitalen Raum lenken wenige vorwiegend US-amerikanische und chinesische Tech-Konzerne1 Information und öffentliche Debatte. Deren Plattformen erlauben keinen ungehinderten Zugang: Denn Nutzende müssen für diesen Zugang persönlichste Daten preisgeben. Gleichzeitig filtern Algorithmen intransparent, was Nutzende zu sehen bekommen und was nicht – Algorithmen, die einzig den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgen, befreit von Gemeinwohlorientierung und journalistischen Qualitätsansprüchen. Mit einer Flut von Hass, Häme, Hetze und Desinformation zersetzen wenige Monopolplattformen unsere Demokratien und gefährden jeden Menschen2.“

Der Text stammt von der Initiative https://savesocial.eu/
und schlägt dringend notwendige Schritte vor, damit Informationen weiter frei zugänglich bleiben und nicht von Tech-Konzernen gesteuert und gefiltert werden!

Marc Uwe Kling hat das in seiner komödiantischen Art wunderbar auf den Punkt gebracht:

Ausführlicher, inspirierend und hörenswert spricht Marc Uwe Kling in diesem Podcast über Medienpolitik und über den erstaunlichen Fakt, das das wichtigste Problem unserer Zeit, die Regulierung von Massenmedien im Internet, noch in keinem einzigen Parteiprogramm enthalten ist !

Lass Dich musikalisch an Deine Freiheit, Du selbst zu sein erinnern, die niemandem anderen die Würde raubt

Raus aus dem Kopf - Praktisch lernen, wie Du mehr Verbindung bekommst zu Dir selbst & Anderen

Unsere pferdegestützen Fortbildungen auf dem Mirabellenhof bei Berlin

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„Redefreiheit“ erzeugt Angst und nicht Freiheit!

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